This document as PDF
Get Acrobat Reader


Ein Diagnoseverfahren setzt sich durch
Die Division Diagnostika hat die 300. PCR-Servicelizenz vergeben

Die Polymerase-Kettenreaktion-Technik ist auf dem Vormarsch: Mit der Vergabe der 300. PCR-Servicelizenz für klinische Laboruntersuchungen im Januar dieses Jahres konnte die Division Diagnostika einen bedeutenden Erfolg verzeichnen. 300. Lizenz-nehmer ist das Blutbankzentrum des Japanischen Roten Kreuzes in Tokio.

Das Mitte der Achtziger Jahre erfundene Verfahren der Polymerase-Kettenreaktion (kurz PCR) war anfänglich nur Eingeweihten ein Begriff und hat sich inzwischen in der wissenschaftlichen Forschung wie auch in kommerziellen Anwendungen mehr und mehr durchgesetzt. Mittels PCR werden – einem Kopierer gleich – bestimmte, typische Gensequenzen so oft vervielfältigt, bis genügende Mengen zur Bestimmung des gentragenden Materials (beispielsweise eines Krankheitserregers) vorliegen. Zeugnis von der Popularität der revolutionären diagnostischen Methode legt die Liste wissenschaftlicher Artikel in Fachzeitschriften ab: Bis heute umfasst sie über 30'000 Publikationen.
Dank intensiver Entwicklungsarbeit in den Forschungslabors von Roche ist PCR heute ein einfach anzuwendendes Verfahren, das auch von weniger geübtem oder spezialisiertem Laborpersonal benutzt werden kann. Die Division Diagnostika bietet unter dem Markennamen Amplicor® eine Reihe benutzerfreundlicher Testkits auf PCR-Basis an und arbeitet an der Entwicklung zusätzlicher Tests. In Kürze wird die Einführung eines automatisierten Systems, des in der Schweiz entwickelten Cobas® Amplicor, eine weitere Vereinfachung im Gebrauch der PCR-Technik bringen. Um eine möglichst breite Nutzung der PCR-Methodik zu gewährleisten, hat Roche neben der Produktentwicklung auch ein Lizenzprogramm für diagnostische Laboratorien etabliert. Damit wird eine schnelle Anwendung der PCR-Methode für Labors der klinischen Diagnostik ermöglicht, so zum Beispiel für infektiöse Krankheiten wie Aids, Hepatitis C oder Tuberkulose. Einen Überblick über die zeitliche Entwicklung der PCR-Technik und des PCR-Lizenzwesens mit dem Schwerpunkt 'Klinische Laboratorien' bietet der Kasten unten.

Blutbank des Japanischen Roten Kreuzes
Das 1877 in Tokio gegründete Japanische Rote Kreuz stellt sich ebenso wie die schweizerische Dachorganisation in Genf die Aufgabe, Bedürftigen in ihrer Not zu helfen. Die fortlaufende Spezialisierung in der Gesundheitsversorgung und der Medizin spiegelt sich auch in seiner Organisation wider: So übernahm im Jahre 1952 die zum Japanischen Roten Kreuz gehörige Blutbank Tokio als wichtigen Dienst die Versorgung von Japan mit Blut und Blutprodukten. Zentral für diese Arbeit sind:
• die Koordination aller im japanischen Netzwerk der Blutbankzentren zusammengeschlossenen Organisationen für die Aufrechterhaltung einer optimalen Versorgung und Qualitätssicherung, unter anderem mittels PCR;

• der enge Kontakt und die Kooperation mit allen medizinischen Organisationen: Spitäler, Notfallabteilungen, Universitäten, Forschungszentren;

• die Lieferung von Blut und Blutprodukten an medizinische Organisationen;

• die Erforschung, Entwicklung und Herstellung neuer Blutprodukte;

• die Funktion als Ausbildungszentrum für Japan und andere asiatische Länder.

Zusätzlich zum Blutspendedienst wurde vor drei Jahren ein Zentrum für Knochenmarkspenden ins Leben gerufen. Beide Organisationen können auf äusserst erfolgreiche und produktive Jahre zurückblicken. Eines der Gebiete, die in den letzten Jahren mehr und mehr in den Mittelpunkt rückten, ist die Untersuchung von Blutspenden auf Erreger von Infektionskrankheiten. Die Diagnose mittels PCR kann dabei von grosser Bedeutung sein und ermöglicht einen Quantensprung in bezug auf die Qualitätssicherung. Die Lizenz von Roche ermöglicht die Verwendung eigener PCR-Tests, welche die Wissenschaftler des Zentrums in den letzten Jahren entwickelt haben.
Noch wichtiger ist die PCR-Technologie bei der Ermittlung eines geeigneten Knochenmarkspenders. Eine optimale Abstimmung von Spender und Empfänger erhöht den Erfolg einer Knochenmarktransplantation erheblich. Zur Unterstützung des Aufbaus entsprechender Spenderregister hat man sich bei Roche entschlossen, Gratislizenzen zu vergeben. Damit wird ein aktiver Beitrag zur Reduktion der Laborkosten geleistet. Die Knochenmarkspenderregister werden in Zukunft eine raschere und zielgerechte Wahl des geeigneten Spenders gewährleisten.

Lizenzstrategie gestern und heute
Es war von Anfang an klar, dass im Fall der PCR der Patentinhaber – also Roche – allein nur schwer alle Möglichkeiten dieser vielseitig anwendbaren Technologie nutzen könnte. Daher wurde in der Division Diagnostika entschieden, nicht nur eigene Produkte zu entwickeln, sondern auch ein Lizenzprogramm zu etablieren, das Drittparteien die erfolgreiche Nutzung der PCR-Technik ermöglicht.
Die Lizenzvergabe an Servicelaboratorien, das heisst an Kunden der Division Diagnostika, ist eher ungewöhnlich und stellt für Roche ein Novum dar. Einer breiten Schicht potentieller Anwender im klinischen Laborbereich wird auf diese Weise Zugang zur PCR-Technik gewährt. In verschiedenen Bereichen der Diagnostik, zum Beispiel in der Human- und in der Umweltdiagnostik sowie bei der Qualitätskontrolle von Nahrungsmitteln und Saatgut, können dank dieser Lizenzvergabe diagnostische Dienstleistungen erbracht werden. Auch in der Tiermedizin kann die PCR wertvolle Informationen über Zucht- und Nutztiere liefern.
Im Lauf der letzten drei Jahre hat die Vergabe von PCR-Dienstleistungslizenzen sprunghaft zugenommen. Allein in den Vereinigten Staaten sind zweihundert derartige Lizenzen vergeben worden. Ausserhalb von Amerika sind es inzwischen über hundert. Verhandlungen mit weiteren Partnern sind im Gang. Auch die Testpalette der Lizenznehmer hat sich stark erweitert, am häufigsten wird in den USA die Erbkrankheit zystische Fibrose (als pränataler Test bei der Schwangerschaftsberatung) bestimmt, gefolgt von der Knochenmarktypisierung. Ausserhalb der USA werden von den Lizenznehmern mittels PCR am häufigsten Hepatitis B und C, Tuberkulose, Zytomegalle-Virus und Human Papilloma Virus diagnostiziert.

Neue Einsatzmöglichkeiten erschliessen
Wie bereits erwähnt, ist das weltweite Lizenzprogramm zur rascheren Verfügbarkeit der PCR-Technologie als klinische Diagnosemethode ins Leben gerufen worden. Damit ist es auch möglich, neue Forschungserkenntnisse zum Nutzen der Patienten umzusetzen, bevor die Entwicklung eines bestimmten Produkts abgeschlossen ist und standardisierte Testkits erhältlich sind.
Ein solch breit angelegtes Lizenzprogramm – sowohl geographisch als auch bezüglich der Anwendungsbereiche – ist nur dank der Zusammenarbeit verschiedener Funktionen innerhalb von Roche möglich. Lizenzteams in Alameda (USA) und in Kaiseraugst befassen sich mit der Lizenzvergabe sowie mit der Analyse weiterer Lizenzmöglichkeiten im PCR-Bereich. Dabei werden sie von den Rechts-, Patent- und Lizenzfachleuten in Basel und in Nutley tatkräftig unterstützt. Der Erfolg des PCR-Lizenzprogramms wird aber auch durch die Mitarbeit der lokalen Roche-Organisationen mitgetragen. So wurde beispielsweise die 300. Lizenzvergabe von Nippon Roche in die WeZe geleitet.
Die Nachfrage der Ärzteschaft nach gendiagnostischen Leistungen und Hilfestellungen hat sich in den letzten Jahren dank der Einführung kundenfreundlicher Testkits positiv entwickelt. Diese standardisierten Kits, die bereits im Kaufpreis eine Lizenzgebühr für den Gebrauch der PCR-Technologie enthalten, ersetzen daher nach und nach die von Laboratorien selbst entwickelten Diagnosemethoden. Dennoch sind PCR-Lizenzen auch in Zukunft von Bedeutung; dies gilt vor allem für Parameter, die selten gemessen werden und für welche die Entwicklung eines Testkits kommerziell nicht vertretbar ist.
Dr. Agnieszka Junosza-Jankowski, PCR-Licensing-Managerin in der Division Diagnostika, betont, dass die offene Lizenzpolitik von Roche weiterhin dazu dient, zahlreiche neue Einsatzmöglichkeiten für die innovative und vielseitige PCR-Technik zu erschliessen. Sie ist überzeugt, dass die Basis für eine erfolgreiche Fortführung des Programms gelegt ist.


Streifzug durch die PCR-Geschichte

Jahr
Ereignis
Mitte 80er Cetus-Mitarbeiter Kary Mullis erfindet die PCR-Technologie
1985 Einleitung der weltweiten Patentierung des PCR-Prozesses

Erste Publikationen der Erfindung in der Fachpresse

Beginn der Arbeit bei Cetus an einem Aids-Test auf PCR-Basis

Allianz zwischen Cetus und Perkin-Elmer zur Entwicklung von PCR-Instrumenten und -Reagenzien für die Forschung
1988 Erste Lizenz zur Ausübung von PCR-Aids-Tests vergeben an zwei klinische Labors in Kalifornien: Speciality Laboratories und Pathology Institute
1989 Beginn der Zusammenarbeit Cetus-Roche: Unterstützung von Forschung und Entwicklung im Bereich Invitro-Diagnostik (Humanmedizin)

Roche Biomedical Laboratories bieten erste PCR-Tests an (HIV-1 sowie pränatale Diagnose von Erbkrankheiten)
1990 25 Lizenzen an klinische Labors vergeben
1991 Smith Kline Beecham Clinical Laboratories, Metpath und Medigene (Referenzlabors in den USA) erhalten Lizenzrechte zur Durchführung von PCR-Diagnosetests

Roche erwirbt alle Patentrechte am PCR-Verfahren von Cetus
1992 Gründung von Roche Molecular Systems als Forschungs- und Herstellungsorganisation innerhalb Roche Nutley

Beginn der offenen Lizenzpolitik zur Förderung des PCR-Gebrauchs im klinischen Laborbereich

Roche führt in Europa zwei Testkits auf PCR-Basis ein: HIV-1 und Chlamydia trachomatis
1993 Kary Mullis erhält Nobelpreis für Chemie

Lizenzabkommen mit Eastman Kodak zur Herstellung von diagnostischen Testkits

Erster Roche-PCR-Testkit auf dem US-Markt erhältlich: Chlamydia trachomatis
1994 Lizenzabkommen mit Abbott zur Herstellung humandiagnostischer Testkits

Lizenzabkommen mit DuPont zur Herstellung von Testkits in verschiedenen nichtklinischen Anwendungsbereichen

Zehn PCR-Testkits von Roche erhältlich
1995 300. Lizenz an das Blutbankzentrum des Japanischen Roten Kreuzes vergeben.

Mitte des Jahres: Beginn der Vermarktung von Cobas® Amplicor in Europa geplant

Quelle: Roche Nachrichten 1995/2

[
top]